Säuglingstod – Checkliste

Checkliste für die Suche nach Euren Kindern

1. Krankenhaus

– Patientenakte der Mutter
– Patientenakte des Kindes
– Auszug aus dem Geburtenjournal

beim Geburtskrankenhaus anfordern.

Wichtiger Hinweis:
Die Aufbewahrungsfrist für Patientenakten beträgt bei stationärem Aufenthalt
(bei einer Geburt ja die Regel) 30 Jahre.
Dabei spielt das Geburtsdatum keinerlei Rolle. Die Frist endet in jedem Fall erst
am 31.12. des Jahres, in dem die 30 Jahre vollendet sind. Allerdings haben wir
auch schon darüber hinaus noch Akten finden können, weil Archivare nicht ganz
so schnell waren mit dem Vernichten.
Sollte die Mutter später im gleichen Krankenhaus weitere Kinder zur Welt ge-
bracht haben, wurde in der Regel die Patientenakte weitergeführt und die Aufbe-
wahrungsfrist von 30 Jahren begann jeweils von da an erneut zu laufen.

Holt Euch nach Möglichkeit die Kopien der Patientenakten persönlich beim
Krankenhaus ab und besteht darauf, die Kopie mit dem Original (Seite für
Seite) auf Vollständigkeit zu überprüfen. Vor allem darauf achten, ob auch
Vorder- und Rückseite kopiert wurden.

2. Standesamt des Geburtsortes

– Kopie der schriftlichen Geburtsanzeige gem. § 14 PStG der DDR
– Auszug aus dem Geburtsregister
– Kopie der schriftlichen „Todesanzeige für unter einem Jahr Verstorbene
bzw. für Totgeborene“ gem. § 28 PStG der DDR
– Auszug aus dem Sterberegister

Hinweis:
Lasst Euch nicht ins „Boxhorn“ jagen. Oftmals versuchen Behörden Euch
weis zu machen, dass diese Unterlagen nur 30 Jahre aufbewahrt werden.
Tatsache ist, dass früher Geburtsunterlagen 50 Jahre und Sterbeunterlagen
sogar 80 Jahre aufbewahrt werden mußten.
Durch ein Urteil des BGH aus dem Jahr 2011 müssen Geburtsunterlagen
jetzt 80 und Sterbeunterlagen sogar 100 Jahre aufbewahrt werden.
Oftmals versuchen sich die Behörden auch hinter dem Datenschutzgesetz
zu „verschanzen“. Dazu hat der BGH aber bereits 2009 entschieden, dass
eine Behörde Auskunft erteilen muss, sofern der Bürger ein berechtigtes
Interesse nachweisen kann.

Selbst wenn in den Patientenakten eine angebliche „Totgeburt“ verzeichnet
sein sollte, mußte das Krankenhaus eine entsprechende schriftliche Todes-
anzeige ausfertigen und an das Standesamt weiterleiten.
Auch wenn aufgrund dessen keine Sterbeurkunde erstellt wurde, so mußte
doch ein Eintrag ins Sterberegister erfolgen.

3. Totenscheine

Ein Totenschein besteht aus vier Teilen:
Teil I – das Original wird zentral für die Statistik erfasst.
Teil II – muss sich in der Patientenakte befinden.
Teil III und IV – gehen mit dem Leichnam mit, wobei Teil III nach der Bestattung
zum zuständigen Gesundheitsamt kommt, während Teil IV beim Bestattungs-
unternehmen verbleibt bzw. von dort in das örtlich oder kreismäßig zuständige
Archiv übergeht.

Wichtig:
Wenn ein Totenschein in der Patientenakte vorhanden ist, müßt Ihr Euch un-
bedingt eine Kopie des Original-Totenscheines besorgen und diesen mit dem
vorhandenen vergleichen.
(In unserem Fall ist das Original nachweislich im nachhinein gefälscht worden!)
In den meisten Bundesländern (außer Sachsen-Anhalt; dort ermitteln wir im
Moment noch) sind die Original-Totenscheine bei den Landesarchiven oder bei
den Landesverwaltungsämtern für Familie und Soziales erfaßt.

4. Friedhöfe

Solltet Ihr in den Akten einen Totenschein oder möglicherweise sogar eine
Rechnung über eine Beerdigung haben, so muss es auch eine Beerdigung
gegeben haben.
D.h. ihr müßt Euch der Mühe unterziehen, alle Friedhöfe in der Stadt – in der
Euer Kind angeblich verstorben sein soll – zu kontaktieren und nach einer
entsprechenden Eintragung suchen lassen.
Sollte dies erfolglos bleiben, erweitert den Suchradius auf einen Umkreis von
15 – 20 Kilometer. Achtet dabei auf die Möglichkeit, ob es in Eurer Familie oder
unmittelbaren Verwandtschaft vielleicht Familiengrabstellen – bis hin zu den
Urgroßeltern – gibt und das Kind eventuell dort mit bestattet wurde.
Wenn auch dort keinerlei Hinweis zu finden ist, könnt Ihr davon ausgehen,
dass es keine Beerdigung gegeben hat.

Hinweis:
Oftmals werdet Ihr von den Friedhöfen auch die Aussage bekommen, dass
es zu DDR-Zeiten teilweise üblich war, dass verstorbene Säuglinge in anderen
Gräbern beigelegt wurden.
Wir wissen jedoch aus einer unbedingt glaubwürdigen und vertrauenswürdigen
Quelle, dass es durchaus solche Vorgehensweisen gegeben hat.
Allerdings gab es dafür festgelegte Vorraussetzungen:
– die Angehörigen des anderen Verstorbenen mussten der Beigabe zustimmen
– die Beigabe musste in den Friedhofsunterlagen vermerkt werden
Dies entspricht auch den Bestimmungen des Gesetzes über das Friedhofs-
und Bestattungswesen der DDR.

Auch wenn es angeblich eine Feuerbestattung gegeben haben soll, muss sich
ein Hinweis auf das ausführende Krematorium finden. Dort kann man Einblick
in das sogenannte Brennbuch nehmen.

Dieses Brennbuch gestaltet sich über 2 Seiten. Diese sind in Zeilen (je Person
eine Zeile über beide Seiten) und in 11 Spalten unterteilt.

– Spalte 1: Registriernummer/laufende Nummer
– Spalte 2: Vor- und Nachname des Verstorbenen
– Spalte 3: letzter Wohnort
– Spalte 4: Geburtstag und -ort des Verstorbenen
– Spalte 5: Todestag und Sterbeort
– Spalte 6: Angaben zu den Angehörigen/Hinterbliebenen
– Spalte 7: Sterbenummer und Standesamt
– Spalte 8: Datum der Leichenschau/Obduktion
– Spalte 9: Tag und Stunde der Einäscherung
– Spalte 10: Angaben zum Verbleib der Urne , (besonders wichtig, denn dort muss vermerkt sein, wo die Urne bestattet wurde bzw.
was mit der Urne passiert ist)
– Spalte 11: Bemerkungen

Hinweis:
Überprüft die Eintragungen im Brennbuch bezüglich Daten und Uhrzeiten mit
Euren Unterlagen auf mögliche Unstimmigkeiten.
Insbesondere die Eintragungen in den Spalten 10 und 11 können für die
weiteren Recherchen von größter Wichtigkeit sein.

5. Jugendamt

Ihr habt außerdem die Möglichkeit beim Jugendamt nach eventuell vorhandenen
Adoptionsunterlagen zu forschen.
Es gibt sowohl Unterlagen, die bei der Adoptionsstelle des Jugendamtes beim
heute zuständigen Landkreis archiviert sind.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit bei den zentralen Adoptionsstellen der
einzelnen Bundesländer nachzufragen, denn manchmal sind Adoptionen
nicht im Bereich des Geburtsortes, sondern in einem anderen Zuständigkeits-
bereich – ja sogar Bundesland – durchgeführt worden.
Diese gibt es in jedem Bundesland und unterstehen in der Regel den jeweiligen
Landesjugendämtern.
Es kann also auch sein, dass die Adoptionsunterlagen im Zuständigkeitsbereich
des Ortes liegen, wohin das Kind adoptiert wurde.

Wenn Ihr für euer Kind eine Personenkennzahl habt, kann diese bei den
Recherchen überaus von Nutzen sein.
Wie wir von anderen Adoptierten wissen, haben die Kinder zwar eine komplette
neue Identität (Vorname, Nachname, möglicherweise auch Geburtsort) – inklu-
sive neuer Geburtsurkunden – bekommen, allerdings ist ist die PKZ immer die
gleiche geblieben.

Es kann Euch auch passieren, dass Ihr zwar eine Adoptionsakte für euer Kind
findet, diese aber mit einem „Sperrvermerk“ versehen ist.

In diesem Fall bleiben eigentlich nur zwei Möglichkeiten:
a) beim zuständigen Amtsgericht Klage auf Auskunft und Einsichtnahme in die
Akten einreichen
b) Strafanzeige wegen Entziehung Minderjähriger in Tateinheit mit Ver-
letzung von Menschenrechten erstatten.

Hinweis:
Die Polizei bzw. die Staatsanwaltschaften der unteren Justiz versuchen gern
oftmals solche Anzeigen abzublocken.
Sie berufen sich dabei auf die Verjährungsfristen für den Straftatbestand der
Entziehung Minderjähriger.
Soweit vom Prinzip her rechtlich auch richtig.
Allerdings gibt es aus dem Jahr 1978 die UN-Kinder-Menschenrechts-
Convention.
Danach sind Tatbestände wie Kinderhandel, Kinderarbeit, Kindersklaverei usw.
als Menschenrechtsverletzungen eingestuft worden und gelten daher als Ver-
brechen gegen die Menschlichkeit.
Und für Menschenrechtsverletzungen gibt es keine Verjährungsfristen, genauso
wie für Mord oder Kriegsverbrechen.

Sollten sich also örtliche Polizei und Staatsanwaltschaft – auch unter Verweis
auf die Menschenrechtsverletzung – nicht zum Tätigwerden veranlaßt sehen,
wendet Euch mit Eurer Anzeige an die

Generalbundesanwaltschaft Karlsruhe
Stabelstrasse 2
76133 Karlsruhe

Es steht Euch dabei auch frei, in diesem Zusammenhang gleichzeitig gegen
die untätigen örtlichen Dienststellen eine weitere Strafanzeige wegen des
dringenden Tatverdachts der Strafvereitelung im Amt zu erstatten.

Abschließend noch einige persönliche Tipps aus unserem eigenen Erfahrungs-
schatz!

Stellt Eure Anträge und Anfragen an Behörden und Institutionen immer schriftlich.
Macht von jedem Schreiben eine Kopie und legt Euch zu Hause eine Akte an.
Dies ist wichtig, denn so könnt ihr auch nach Wochen oder Monaten noch nach-
vollziehen, wen ihr wann mit welchem Inhalt angeschrieben habt.
Außerdem kann der Nachweis des Schriftverkehrs im Falle einer rechtlichen
Auseinandersetzung – wie oben beschrieben – ein wichtiges Beweismittel sein.

Wenn Ihr nach etwa 4 Wochen keine Reaktion – nicht einmal eine Eingangs-
bestätigung – auf Eure Anschreiben habt, solltet Ihr unbedingt nachhaken und
eine Frist setzen.
Danach ist eine Dienstaufsichtsbeschwerde beim Dienstherrn (beim
Standesamt ist es z.B. der Bürgermeister) oder bei der übergeordneten Dienst-
stelle fällig.
Dabei hat es sich schon oft als hilfreich erwiesen, wenn man dabei „dezent“ aber
bestimmt auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung nach Artikel 5 Abs.1
des Grundgesetzes verweist.
Medienwirksame Öffentlichkeit – gerade in Bezug auf dieses sensible Tabu-Thema –
mögen diese Damen und Herren ganz und gar nicht.

Ganz zum Schluss noch etwas Wichtiges!

Wir haben in der Vergangenheit schon mehrfach Kontakt mit Betroffenen gehabt,
die sich auf fragwürdige Privatdetekteien, welche damit werben, sich auf solche
Suchfälle spezialisiert zu haben, eingelassen hatten.
Letztendlich waren diese Betroffenen viel Geld los und keinen Schritt weiter!
Rein rechtlich gesehen, hat ein Privatermittler nicht mehr Möglichkeiten als Ihr
selbst.
Mit entsprechendem Arrangement und ein bißchen Arbeit, könnt ihr all diese
Sachen selbst herausfinden und braucht nicht irgendwelchen Detektiven einen
Haufen Geld in den Rachen zu schmeißen.
Außerdem gibt es viele andere Betroffene, die Euch mit ihren Erfahrungen zur
Seite stehen.
Tut Euch und eurem Geldbeutel also einen Gefallen und lasst die Finger von
solchen dubiosen Angeboten.

Bei Fragen oder Problemen könnt Ihr Euch auch jederzeit an uns wenden:
Ramona Bormann, Bautzen
eMail: ecki-btz@gmx.de

by Eckbert Bormann ©

Checkliste-Säuglingstod

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